Donnerstag, 22. März 2012

Acapulco calling

Acapulco war eins mondäner Urlaubsort der Hollywoodstars und der mexikanischer Schickeria. Das ist leider vorbei. Die Stadt besteht hauptsächlich aus ranzigen, weiß-gelben Hotelbauten, stinkenden Autos und Oxxo-Filialen. Der beinahe schon goldfarbene Strand war zweifelsohne einmal wunderschön, das lässt sich jedoch unter all den Plastikzelten und Liegestühlen nur noch schwer ausmachen, dazwischen die üblichen, schreienden Souvenir- und Darmgrippensnacks-Verkäufer. Natürlich gefällt mir das auf eine postmoderne, ironische Art und Weise, ich bin ja auch nur ein Kind meiner Zeit und so habe ich mich in dem scheußlichsten Hotelmonster des ganzen Strandes einquartiert und gluckste vor Freude, als man mir horrende Summen für ein qualitativ minderwertiges Abendessen im Restaurant La Perla abgenommen hat. Das besondere an La Perla ist, dass man auf einer Terrasse mit Ausblick auf die Show der berühmten Klippenspringer von Acapulco sitzt. Dabei handelt es sich um zehn junge Männer mit teilweise knackiger und teilweise mexikanisch-oppulenter Figur, die in knappen Badehosen bekleidet von einer 30 Meter hohen Klippe in die tosende Brandung springen. Gerne auch bei Nacht, den letzten Sprung absolvieren sie angeblich mit Fackeln in der Hand doch für solche Albernheiten war ich dann doch zu müde nach einer langweiligen Busfahrt in der ersten Klasse, berieselt von schlechten Blockbustern mit spanischer Synchronisation. Der Vorteil solcher Zwangsbeglückung ist jedoch, dass man hervorragend Spanisch dabei lernen kann, da man die Handlung so oder so versteht und das Synchronisierte normalerweise sehr sauber gesprochen ist. Danach war ich tatsächlich in der Lage meine ersten beiden Unterhaltungen auf Spanisch zu führen, holprig aber doch. In der ersten, mit dem Taxifahrer, ging es darum, warum ich keinen Freund habe. Und in der zweiten, mit dem Sicherheitsmann des Hotels ging es um die Schwierigkeiten eine neue Sprache zu erlernen und dass ich gerne alleine bin. Auf dem Weg nach Acapulco lag übrigens ein ganzes Spanferkel auf der Autobahn im Dreck. Seine Geschichte hätte ich hier auch gerne erzählt. Beeindruckend waren auch die mit Tribals in schillernden Metallfarben geschmückten Discobusse, leider war ich ein wenig zu schüchtern um damit zu fahren. Aber an die großen Abenteuer des Lebens habe ich mich schon immer gerne vorsichtig herangetastet. Am zweiten Tag bin ich dann ins Hotel Gilda, eine halbe Stunde Taxifahrt außerhalb der Stadt, an einer herrlichen Lagune, in der Rambo und Tarzan gedreht wurde, gelegen. Ein "Romantikhotel", was auch immer diese Bezeichnung kaschieren soll, jedenfalls habe ich mich zwischen lauter langweiligen Pärchen sehr wohl gefühlt und hatte vor allem eine große Auswahl an richtigen, mit Matratze und Leintuch und Kissen ausgestatteten Betten, die direkt am Strand mit Blick aufs Meer standen. Einen idealeren Arbeitsplatz kann ich mir nicht vorstellen und so habe ich einen Tag lang Konzepte entworfen und geschrieben und bin sehr zufrieden mit den Resultaten. Mein ideales Atelier ist also ein Bett am Meer, darauf hätte ich schon früher kommen können. Dann einen beleidigend schönen Sonnenuntergang bis zum Ende angesehen, obwohl ich schon schrecklichen Hunger hatte und mir die ganze Zeit dachte, wieso ich Idiot mich eigentlich dazu zwinge, ich weiss ja doch, wie es ausgeht und der letzte Sonnenuntergang war es vermutlich auch nicht. Noch ein paar tiefgreifende Gedanken über Astronomie, meine heimliche Liebe, gehabt. Des weiteren sinnierte ich die Tage noch intensiv über die Möglichkeit im Urlaub seine eigene Ethnie, sein Weiß-sein zu erleben. Zuhause ist man ja doch nur die Norm .Ein Mensch sozsuagen. Weiß wird man erst, wenn es die anderen nicht mehr sind. Ekelhaft finde ich Urlauber, die das negieren und wie die Einheimischen sein wollen. Ja keine Touristen sein. Ja nicht die eigenen, unverdienten Privilegien eingestehen. Da sitze ich lieber in meinem cremefarbenen Betonmonster und reite auf einer aufblasbaren Banane dem Sonnenuntergang entgegen und labe mich an den exotischen Hirngespinsten meiner Kultur. Und so ging das in meinem Kopf den ganzen Tag und die ganze Nacht. Tag 3 wurde ich von der Hotelbesitzerin, einer ausgewanderten Wienerin, auf einen Bootsausflug in die Rambolagune mitgenommen. Nie in meinem Leben habe ich wärmeres Wasser in freier Natur gesehen, wie wenn man sagt, ich lasse mir jetzt eine warme Badewanne ein, warm, nicht heiss. Gesäumt von Kokospalmen, Mangroven, Seerosen und in den Seerosen weidende Kühe. An der Stelle war das Stück Strand, das Lagune vom offenen Meer getrennt hat so schmal, dass man die schäumende Gischt von den Wellen auf der anderen Seite sehen konnte. Anschließend wurde ich in ein weiteres, mexikanisches Gourmetgeheimnis eingeweiht, frische Kokosnuss mit Chilisauce! Chilisauce kann man übrigens auf alle Obst- und Gemüsesorten geben, es gibt nichts, was damit nicht noch besser würde. Zahlreiche Tequila und ein Tarotkartenset, dass mir keine Liebe aber großen Reichtum prophezeite, rundeten den Abend ab, am nächsten Morgen musste ich aufgrund katerbedingter Übellaunigkeit die Stadt auf der Stelle verlassen. 3 Tage an einem Ort reichen auch völlig, wie ich meine.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen