Donnerstag, 8. März 2012

Mexico DF

Nun bin ich schon ganze 4 Tage in Mexiko City, bin alleine Ubahn und Bus gefahren, durch die nächtlichen Straßen gelaufen und wurde noch immer nicht entführt. Gar so arg ist es also doch nicht. Auch wenn die zahlreichen Horrorgeschichten, in erster Linie von Leuten, die noch nie hier waren, meine abendliche Ruhe in meiner einsamen Wohnung empfindlich stören. Ich wohne hier ja in der ehemaligen Residenz der Geliebten des Botschafters, ein schickes aber altmodisches Appartement im Hinterhof der Botschaft, nur durch zwei verschnörkelte Eisenzäune von den Kriminellen da draußen getrennt. Die Wand, die zum Innenhof führt, ist eine komplette Glasfront. Ich habe ein sehr geräumiges Wohnzimmer mit Sitzgarnitur, Esstisch und schlecht ausgestatteter Küche, ein Schlafzimmer mit zwei Einzelbetten und ein Bad mit Dusche. Der Innenhof bzw. die Terrasse ist auch nur von mir zu betreten, bietet also Privatsphäre, ist jedoch von hohen, mit Efeu bewachsenen Mauern umgeben. Man wollte die Geliebte eindeutig vor der Öffentlichkeit verstecken. Über dem Tor, das zu meiner Wohnung führt, ist ein Leuchtschild mit dem Schriftzug "Cinema" angebracht. Warum, kann ich mir nicht erklären und werde, wenn ich es nicht vergesse, den Konsul danach fragen. Der Konsul ist ist äußerst freundlich und hilfsbereit, ebenso wie die restlichen Botschaftsangestellten, mit denen ich jedoch nur Kontakt habe, wenn ich es darauf anlege. Eher spreche ich noch mit dem Sicherheitsmann und meiner Putzfrau, die beide jedoch nur Spanisch können und kein Englisch. Mit Englisch kommt man hier sowieso nicht weit, eher mit Pantomime und ähnlichen Activitiy-Fähgkeiten. Mein Spanischkurs beginnt nächste Woche, ich kann zwar schon ein paar Brocken aber aus einem Repertoire bestehend aus der Frage nach dem nächsten Bus und wieviel Pesos die Flasche Wasser kostet lässt sich nur unter größter Mühe eine charmante Unterhaltung basteln. Aber ich bin höchstmotiviert zu Lernen. Lateinamerika scheint ein Reich der Freude zu sein. Abgesehen von der herrlichen Natur, die hier aus jeder noch so reudigen Strassenecke kriecht, sind die Menschen hier so freundlich und hilfsbereit, dass man sich seines eigenen Landes in Grund und Boden schämt. Würde ein Mexikaner mit meinem Spanisch gleichwertigen Deutsch in Wien nach dem nächsten Bus ins Zentrum fragen, man hätte in vermutlich gleich in Schubhaft gesteckt. Hier hingegen werde ich zum richtigen Bus gebracht und der Busfahrer gibt sich die ganze Fahrt durchgehend größte Mühe mich mit aufwendigen Gestiken und Mimiken über den aktuellen Standort zu informieren. Weil sich jedoch unfreundlich gerne mit schlecht gelaunt gesellt, habe ich hier schon deutsche Freunde gefunden. Max und Lou sind Freunde von Raphaela aus Berlin, Lou ist mit dem Frida Kahlo Stipendium in Mexico City, Max, ihr Boyfriend, begleitet sie. Beide sind MalerInnen und ich glaube, dass wir sehr viel Spass miteinander haben werden. Durch sie habe ich auch Gustavo kennengelernt, mein erster, mexikanischer Freund! Er ist auch Künstler, zeichnet und malt und interessiert sich vor allem für Deathrock und schlechte Laune. Wir haben uns auf Anhieb sehr gut verstanden und nächste Woche begleite ich ihn auf ein Sisters of Mercy Konzert. Mexikanische Grufties sind sicher sehr lustig und fotogen. Gustavo hat uns die letzten Abende lang zu den besten Tacobuden und Mezcalbars der Stadt geführt. Das Essen in Mexico, ich wurde ja von mehreren Seiten vorgewarnt, aber nichts hat mich tatsächlich auf diese unglaublichen Genüsse vorbereiten können. Es ist so gut, dass ich jedesmal weinen möchte, wenn ich meinen Al Pastor Taco mit einem Schluck Horchata runterspüle. Ich muss mich die Tage unbedingt in einem Fitnesscenter anmelden, um nicht 500 Kilo zu wiegen, wenn ich zurückkomme. Die Mangos, die Avocados, die Ananas, Schokolade, Kaffee, alles wächst hier im Land und ist dementsprechend frisch. Die Soßen!!! Ich weiß nicht, warum sie so göttliche Soßen machen. Es gibt Tacos mit gebratenen Bärentatzenkakteen drinnen. Die kann man sogar bei meinem Supermarkt ums Eck kaufen, ich überlege schon Rezepte zur österreichisch-mexikanischen Fusionküche. Bärentatzenkakteen-Grammelknöderl oder dergleichen. Ein wenig österreichisch erscheint mir auch die Gegend, in der ich wohne: Las Lomas, das Grinzing von Mexico City. Gestern habe ich einen kleinen Nachbarschaftsspaziergang gemacht und außer Sicherheitsmännern und Putzfrauen keinen einzigen Menschen auf der Strasse gesehen, von den vorbeifahrenden Luxuskarossen einmal abgesehen. Das, was man von den mondänen Villen erspähen kann, sieht beeindruckend aus und ist für den architektonich ungeschulten Blick kaum von Bel Air oder Beverly Hills zu unterscheiden. Nur die Mauern und elektrischen Zäune sind eine Spur höher und abweisender. Die Strassen sind alle von Palmen, akkurat geschnittenen Büschen, Blumen und englischem Rasen gesäumt, nur für wen, ist die Frage. Nicht mal auf den zahlreichen Terrassen und Balkonen sieht man eine Menschenseele. Vielleicht wohnen hier auch einfach nur Vampire, die tagsüber von ihren Angestellten bewacht werden. Mit dem Bus bin ich jedoch, wenn wenig Verkehr ist, in 30 Minuten im Zentrum. Busfahrten in Mexico City sind ebenfalls sehr abenteuerlich, da es keine Fahrpläne gibt und auf dem Bus nur eine ungefähre Richtung angegeben ist. Aber so lernt man wenigstens immer etwas Neues von der Stadt kennen.

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